Orte für feministische Mädchen*arbeit
Selbstverständnis der BAG
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Die in der BAG Autonome Mädchen*häuser – Orte für feministische Mädchen*arbeit – organisierten Mädchen*häuser bieten Entwicklungs-, Schutz- und Erfahrungsräume für Mädchen* und junge Frauen*.
Unter einem Dach vereinen sie verschiedene Angebote der Kinder-, Jugend- und Eingliederungshilfe. Auf diese Weise bieten sie Hilfe, Begleitung und Unterstützung für Mädchen* und junge Frauen* in allen Lebenslagen.
Die Mitgliedorganisationen sind in autonomer Trägerschaft und teilen eine parteilich- feministische Arbeitsweise. Mädchen*arbeit hat hier somit immer eine gesellschafts- kritische Dimension. Grundlage der Arbeit ist ein kritischer und feministischer Blick auf diskriminierende Machtstrukturen in der Gesellschaft und entsprechende Geschlechter- rollenzuschreibungen. Die stetige Weiterentwicklung von Konzepten ist eine Voraussetzung für die Qualität der Arbeit und eine Antwort auf die vielfältigen Lebensrealitäten von Mädchen* und jungen Frauen*. Somit sind die Mädchen*häuser als Mitgliedsorganisationen Orte feministischer, rassismus-, cis-heteronormativitäts-, herrschafts- und patriarchats- kritischer Auseinandersetzung mit dem Ziel emanzipatorischer Veränderung
Allen Mitgliedsorganisationen ist gemeinsam, dass sie durch ihre pädagogische und therapeutische Arbeit Mädchen* und junge Frauen* auf ihrem Weg in eine selbstbestimmte Lebensweise unterstützen. Neben der Dimension Geschlecht beziehen die autonomen Mädchen*häuser auch Herkunftszuschreibungen, sozialen Status, Bildungszugänge, Gesundheit, geschlechtliche und sexuelle Identitäten, körperliche und geistige Fähigkeiten und weitere Diskriminierungsmerkmale in die pädagogische und gesellschaftspolitische Arbeit mit ein. Dies entspricht einem intersektionalen Blick, der die gleichzeitige Betroffenheit von unterschiedlichen Formen von Diskriminierung als ineinander verflochten begreift.
Die Mädchen*häuser sind im Prozess der Auseinandersetzung mit geschlechtlicher Vielfalt und stehen konzeptionell an unterschiedlichen Punkten der Umsetzung und Öffnung ihrer Angebote. Die konkrete Handhabung u.a. in Sprech- und Schreibweise in den Mädchen*- häusern ist unterschiedlich, aber alle tragen den * als grundlegende Haltung mit. Wir stellen das binäre Konstrukt von Geschlecht in Frage und wollen mit dem Genderstern die geschlechtliche Vielfalt sichtbar machen. Wir meinen damit alle Personen, die sich als Mädchen oder junge Frauen definieren oder als solche gelesen werden, sowie nicht-binäre, genderfluide, trans*- und inter- Personen, oder solche, die sich in ihrer geschlechtlichen Identität nicht festlegen wollen.
Wir wissen um die Diskussion und Kritik am Gender-Stern, weil der Stern u.a. implizieren
kann, dass Transfrauen keine Frauen sind. Auch können sich Personen, die sich nicht als
Mädchen sondern als nicht-binär oder trans identifizieren oder nicht als Mädchen gelesen
werden, vom Genderstern nicht angesprochen oder gar ausgeschlossen fühlen. Oftmals wird
er nur als ein Platzhalter genutzt ohne genau zu benennen wer damit gemeint ist.
Der Genderstern ist zwar ein weiterer Teilschritt auf dem Weg hin zu einer diskriminierungs-
freieren Sprache und zu mehr Sichtbarkeit. In der konkreten Arbeit heißt das für uns aber
auch zu benennen, welche Personen wir mit unseren Angeboten adressieren und erreichen.
Solange wir in einer Gesellschaft leben, in der geschlechtliche Vielfalt keine ausreichende
Anerkennung findet, halten wir die Markierung durch den Genderstern für notwendig.
Grundlage der pädagogischen Arbeit in den autonomen Mädchen*häusern ist die
Beziehungsarbeit, daher bieten die Mitarbeiterinnen* mit ihrer Haltung und der Vielfalt ihrer
Lebensentwürfe immer auch Identifikationsmöglichkeiten für die Mädchen* und jungen
Frauen*. Dementsprechend streben die Mitgliedsorganisationen an gesellschaftliche Vielfalt
auch in den Teams abzubilden. Die Mädchen*häuser befinden sich in unterschiedlich
gestalteten Prozessen der Sensibilisierung für eigene Diskriminierungsmuster und
Bewusstseinsbildung mit dem Ziel diskriminierungskritische Haltungen zu entwickeln.
Sie sehen ihren Auftrag neben der individuellen Hilfe auch in der Veränderung von gesell-
schaftlichen und strukturellen Lebensbedingungen ihrer Zielgruppe. In diesem Sinne
betreiben die Mitgliedsorganisationen Lobbyarbeit für Mädchen* und junge Frauen*, indem
sie deren Belange sichtbar machen und ihre Rechte stärken. Gremien- und Netzwerkarbeit,
öffentlichkeitswirksame Aktionen und Stellungnahmen sind daher zentraler Bestandteil ihrer
Arbeit. Die Mitgliedsorganisationen gehen davon aus, dass der Bezug auf die Dimension
Mädchen* und Frau* in einer pädagogisch-emanzipatorischen Arbeit notwendig ist, solange
Menschen aufgrund der herrschenden Machtverhältnisse wegen ihres zugeschriebenen
Geschlechts diskriminiert werden.